Donnerstag, 3. Dezember 2009

Abenteuer pur - Open tour

Ich muss nachsitzen. Wir haben in den vergangenen Tagen und Wochen die digitale Welt verlassen und haben uns der realen Welt zugekehrt, ihr unsere Zeit gewidment und sie so intensiv genossen mit all ihren Facetten.

Grenzen ueberwinden ...
Seit unserem letzten Eintrag in Vietnam ist schon einiges passiert: Wir haben zwei Grenzen "passiert", sind in neue und so ganz andere suedostasiatische Kulturen eingetaucht und haben auch uns und andere Menschen (neu) entdeckt. Wir Westler haben oft die Vorstellung, dass alle Asiaten gleich sind und wir koennen die Menschen mit den Schlitzaugen und den dunklen Haaren nicht voneinander unterscheiden. Doch wie verschiedenartig sie sind! Vergleichbar mit einem rassigen Vollblutitaliener aus Kalabrien im Gegensatz zu einem einem bärtigen Norweger, der einsam und still in einem Fjord fischt.


Wir haben Vietnam vor rund drei Wochen verlassen, sind nach Laos gereist und sind nun ueber das Goldene Dreieck (Grenze Laos, Thailand und Burma) in Thailand gelandet. Doch schoen der der Reihe nach...



Freitag, der Dreizehnte
Jetzt geht das Abenteuer richtig los. Nichts ist geplant. Kein Limoservice, der uns zur nächsten Hotelanlage chauffiert. Kein Vaucher, der uns die nächste Übernachtung in einem warmen weichen Bett garantiert. Kein Führer, der uns Uebersetzungen "frei Haus" liefert. Nein, Abenteuer pur wartet nur.

Morgen um 5 sollte der Wecker klingeln. Oder auch brummen, surren, pfeifen, kreischen. Was auch immer. Er tat es nicht. Der Weckruf, den wir über die Hotellobby organisiert hatten, versagte. Zum Glück hat uns die innere Uhr doch noch wachgerufen und uns schnurrstracks vom Pyjama in die Trekkinghosen gejagt. Ohne Frühstück eilten wir dann mit unseren in Notpackvariante zusammengeschnurpften Rucksäcken zur Rezeption. Checkout innert 35 Sekunden. Halt stop. Habt ihr per Zufall die Slippers (Hausschuhe) eingepackt, welche Hoteleigentum sind? Da haben sie uns aber voll erwischt. Wollten wir einmal im Leben was Brauchbares aus dem Hotelzimmer entwenden, werden wir inflagranti erwischt. "Oh, wir dachten, die wären im Übernachtungspreis inklusive" (respektive wir glaubten, dass dies neue Exemplare waren und nicht von Gast zu Gast mit all den Fusspilz-Spuren weitergereicht werden. Also machte sich Stefan auf die Suche nach den Dingern. Auspacken. Peinlich. Abhauen. Aber womit? Eigentlich sollte uns ein Bus, mit welchem wir nun über die Grenze nach Laos fahren, beim Hotel abholen. Doch er ist nicht da. Karin wird nervös und eilt nochmals zurück zur Lobby. "Könnten Sie bitte hier anrufen, um zu fragen, wo der Bus steckt". Ring, ring, ring. Das Telefon läutet ins Leere. Leider öffnet das Bus-Büro erst um 7 Uhr. Na gut. Dann warten wir mal. Stefan, bekannt für seine positive Denkweise, beruhigt mich und sagt, der Bus wird bald kommen. Ich zweifle eher daran, und denke, dass der Anschlussbus in der Stadt, wohl ohne die Obertramper Bühler losgefahren ist. Nach rund 45 Minuten - inzwischen ist es Tag geworden und viele andere Hotelgäste werden nach einem feinen Frühstück ordnungsgemäss abgeholt zur Weiterreise - ist es 7h. Zeit zum erneuten anrufen. Es wäre jemand unterwegs, um uns abzuholen. Im Eiltempo. Sie hätten uns fast vergessen... Auto, Lieferwagen, Kleinbus, Autocar, Taxi - donnern an uns vorbei. Auf dem Parkplatz halten nach weiteren 15 Minuten zwei Mofafahrer an. "Come!" Wir haben keine Zeit zum Fragen, Werweisen, Abklären. Die Devise lautet nun: aufsteigen und vertrauen.Unsere Rucksäcke werden abgenommen, uns wird je ein Helm übergestülpt und wir sitzten je auf dem Soziussitz einer Honda. Und unser Gepäck? "No worries", das ist schon zwischen Lenkstange und Fahrer eingeklempt. Und nun gehts los. Eine Fahrt gegen die Zeit, durch die Morgenrushhour von Hue. Von wegen, hier wäre der Verkehr gemächlicher als in Hanoi.... Ich schliesse die Augen und schicke ein Stossgebet gegen den Himmel. Töfffahren ist ähnlich wie eine Fahrt auf der Achterbahn. Doch lieber ein paar waghalsige Kurven und loopingähnliche Gapriolen als Zusammenstösse wie auf der Butschautobahn. Wir haben das Zielerreicht, nach einer 30 Minuten Geisterfahrt. Ein vollgestopfter Minivan wartet auf uns. Hopphopp, absteigen, umsteigen. Halt, Karin war zu schnell und wollte wiedermal etwas abstauben. Geistesabwesend rannte sie mit dem Helm auf dem Kopf in den Van. Nach einem kurzen Lacher aller Mitinnsassen kann nun die Fahrt nach Laos bzw. an einen weiteren Umsteigebusbahnhof auf der Strecke dorthin ordentlich - ohne Helm und Slipper - unter die Räder genommen werden. Glück gehabt!
Und da soll mal einer behaupten, der Freitag der Dreizehnte solle kein Glück bringen! :-)


Bollywood auf Vietnamesisch
Wir sitzen im lokalen Bus nach Laos. Endlich - es kann Ruhe einkehren. Wir sind nun für 8 Stunden versorgt. Kein Umsteigen mehr. Keine Wettläufe gegen die Zeiten. Nur noch ausruhen und geniessen. Die Landschaften vorbeiziehen lassen. Geschichten erahnen, die die Menschen schreiben, welche wir mit einem kurzen Blick aus dem Busfenster erhaschen. Wir sind gespannt und nisten uns in unseren Sitzen ein. Wir sind in Gedanken versunken und denken "perfekt". Mit einem Ruck beginnt die Reise und wir zucken gleichzeitig zusammen. Weil die 10 im Bus aufgehängten Lautsprecher losbrüllen. Vorne geht der Fernseher an und ein schnulziges Liebespaar trällert und jammert einander mit Herzschmerzlindern an. Oh, das erste Lied ist ja noch hinreissend und wir wippen mit dem Oberkörper und verfolgen die Geschichte, die auch ohne Sprachkenntnisse zu verstehen ist. Die Lieder zwei bis zehn sind interessant, um allfällige Muster in den Geschichten zu erkennen. Aber dann... wir haben die Hoffnung, dass nach einem Video Sendeschluss ist. Doch nach einem Video wird die zweite geladen, die dritte, die vierte. Wir sind bereits im Dillirium und hören die Songs schon gar nicht mehr... Sind jedoch froh, als es nach rund vier Stunden mal eine längere Mittagspause gibt. Bereit für die nächsten Bollywoodstreifen besteigen wir den Bus und verfolgen wiederum die Geschichte eines Mädchens, welches sich in einen Jungen verliebt, den sie jedoch standesgemäss nicht heiraten darf... Oder die Geschichte eines anderen Mädchen, das auf dem Land aufgewachsen ist und nun fernab der Heimat in der Grossstadt das Glück und einen Job sucht, um ihre Familie zu ernähren. Klischehaft, kitschig denn meistens mit Happyend - aber doch nahe am Leben sowie an den Wünschen und Sehnsüchten des Volkes, durch dessen Land wir ziehen.

Montag, 23. November 2009

Ein Seepferdchen unter Haien

Wir werden durch die ehemaligen Kaiserstadt am Parfuemfluss chauffiert. Fang und Hei sind unsere "Fremdenfuehrer" und amten gleichzeitig als unsere Driver. Sie pedalen uns auf ihren Cyclos, wie hier die klapprigen aluminiumleichten veloaehnlichen Vehikel genannt werden, durch Hue. Sie wissen, was die Touristen sich anschauen wollen. Sie kennen die Route. Aber das ist dann schon alles. Sie sprechen lediglich ein paar Worte englisch: Citadelle und Pagode. Das sind die zwei wichtigsten Sehenwuerdigkeiten und alle Touristen wollen dahin gebracht werden. Wir setzen uns je auf ein Cyclo und ab gehts... - ohne zu wissen, wohin. Wir haben kein besonderes Ziel sondern atmen die alte Stadt und lassen uns von Fang und Hei durch den Verkehr navigieren, der uns aus allen vier Himmelsrichtungen einkesselt, uns umrundet, uns ausbremst, uns schneidet, uns ununterbrocheun das Gefuehl vermittelt, dass wir kein Gegner sind und immer der Schwaechere sein werden. Ein Seepferdchen unter Haien. So lautet das Verkehrsgesetz in Vietnam: der Staerkere hat Vortritt. Und es funktioniert. Der Verkehr ist im Fluss, man nimmt auf einander Ruecksicht - ohne Signale, Zeichen, Worte. Ruhig schlaengelt man aneinander vorbei - ohne Kraftausdruecke kommt man aneinander vorbei. Alles ist im Fluss. Wir sind fasziniert und lehnen uns beruhigt und entspannt zurueck und kommen ohne grosse Worte ins Gespraech mit unseren Stadtfuehrer. Sie halten und mit einem Wort wird klar: Wir sind an der Zitadelle angelangt, der kaiserlichen Befestigungsanlage mit der verbotenen Stadt. Aussteigen, besichtigen, wir warten hier auf euch.
Etwas verwirrt gehen wir. Wir haben bisher noch keinen Preis verhandelt und auch nichts bezahlt. Das Business hier beruht wohl auf Vertrauen. Selbstvertrauen: Sie werden uns wieder entdecken, wenn wir raus kommen. Und so war es dann auch. Kaum sind wir nach ca. einer Stunde wieder aus der verbotenen Stadt aufgetaucht kommen uns laechelnd unsere Privat Chauffeure entgegen. Weiter geht die Fahrt. Hinaus aus dem Stadtzentrum, dem Parfuemfluss entlang radeln sie mit uns. Immer weiter. Keine Ahnung wo wir sind. Und ploetzlich, es faengt schon an zu daemmern, kommt das zweite Wort unserer Fahrer: Pagode. Der beruehmte und wirklich sehr faszinierende siebenstoeckige Turm (21m) des Tempels taucht vor uns auf. Er traegt den Namen "Turm der Freude und Anmut" und ist das Wahrzeichen von Hue. Zurecht. Wir geniessen den Sonnenuntergang an diesem spirituellen Ort.
Nach rund 3 Stunden geht es zurueck Richtung Busstation in der City. Karin will die Rollen tauschen. Sie fordert den 55jaehrigen Hei auf, sich in den Sessel nach vorne zu setzen und schwingt sich selber auf den Sattel des Dreirads. Uiii... gar nicht so einfach. Schwingen ist wohl ein zu eleganter Ausdruck. Etwas "gwaggelig" steuert Karin das Gefaehrt am rechten Strassenrand entlang. Der Gast vorne lacht, kann jedoch die Fahrt nicht so richtig geniessen und traut seiner Fahrerin und deren Fahrtkuensten nicht blindlings. Er blinzelt stets nach hinten und sagt "ok, ok" - jedoch mehr fragend als bestaetigend. Und es geht leicht abwaerts. Wir werden schneller und schneller. Wo ist bloss die Bremse dieses Mobils? Ich frage meinen Fahrtkollegen. Hinten... wo jedoch hinten. Ein Greifen in die Leere. Kurz und gut: die Rollen werden wieder getauscht und Hei uebernimmt wieder das Ruder respektive den Lenker. Gekonnt und elegant schlaegeln wir uns im Abendverkehr ohne Licht zurueck an den Ausgangsort. Es wird nun verhandelt. Kurz und respektvoll. Sie sagen einen Preis. Wir bieten die Haelfte und bezahlen. Alle laecheln und sind zufrieden. Das war wahrhaft ein lohnender Ausflug!

(Fotos folgen zuwenig Speicher- und Netzkapazitaet)

Montag, 16. November 2009

(Shopping)Paradies


Nach vier Tagen frische Bergluft schnuppern verlassen wir den Norden wieder und fahren mit dem Nachtexpress zurueck in den hektischen Alltag von Hanoi. Die Rueckkehr faellt uns nicht einfach und uns scheint es, als sei die Hauptstadt waehrend unserer Abwesenheit um rund 1000 Mopets "reicher" geworden.

Nach langem Warten in einer gekuehlten, vom Laerm etwas gedaemmten Hotellobby, machen wir uns auf Richtung Sueden. Hoi An ist unser naechstes Reiseziel. In den Reisefuehrern als Einkaufsparadies angepriesen ist das alte Staedtchen am Chinesichen Meer gelegen und Zeuge davon, dass sich hier die Franzosen vor Jahren nieder gelassen hatten. Nebst den Bauten aus der frazoesischen Besetzungszeit sind hier die Strassen nach franzoesischen Adligen benannt und kann man nach wie vor Croissants und Pariserbrot kaufen.

Unser Strandbungalow liegt direkt am palmengesaeumten 40 km langen Sandstrand und laedt uns zu einem romantischen Abendspaziergang ein. Traumhaft schoen ist es hier. Paradiesisch. Wir bleiben vier Tage und goennen uns etwas Strandurlaubfeeling. Am Abend geht es ab in die City. Es soll hier viele gute Restaurants, seidige Einkaufslaeden mit allen erdenklichen Waren geben. Doch wer will schon was kaufen? Neeee, wir haben ja keinen Platz in unseren kleinen Rucksaecken. Wir sind ja Tramper und die sind gegen solche touristische Aktivitaeten geimpft. Zu schwer ist die Busse und Last, wenn man sich dieser kommerziellen Versuchung hingibt... Doch es wird schwierig. Seidenbahnen und wunderschoene Kleidchen verdrehen den Kopf von Karin und sie wird schwach, als sie von diesen wunderschoenen Stoffen umhuellt und von den verkaufsgewandten Verkaeferinnen mit schoenen Worten umgarnt wird. Stefan hat ne rettende Idee: Da waren doch zwei nette Oesterreicher in unserem Hotel! Und die beiden reisten mit einem Megakoffer an... Oesterreich und die Schweiz sind doch Nachbarlaender?! Und Nachbarn helfen sich bekanntlich. Nachbarhilfe! Gesagt, getan.
Karin gibt einen Naehauftrag fuer den naechsten Tag und laesst sich von einer emsigen Naeherin drei Roben anfertigen. Und der Plan geht auf: die drei Kleidchen, ein dicker Windstopper, der hier wohl nicht gebraucht wird, sowie ein schweres dickes Buch wird feinsaeuberlich verpackt und via Oesterreich in die Schweiz importiert.

Nebenbei: Es ist unglaublich was die Vietnamesen alles moeglich machen und herstellen. Nike Turnschuhe in allen erdenklichen Mustern, Materialen und Farben innerhalb vier Stunden, massgefertigte Seidenroben mit Handstickerein innert 24 Stunden - die Kundenwuensche erfuellen, rasch und zuverlaessig - das ist hier das Motto. Wir koennten diesbezueglich viel von den arbeitsamen und geschaeftstuechtigen Vietnamesen lernen: "What do you wish? I make!"

Sonntag, 15. November 2009

Aus dem Leben gegriffen...

Acht Generationen unter einem Dach
Die Vietnamesen sind "Kuenstler" im Zusammenleben auf kleinstem Raum. Auch wenn die groessten Maenner die Kleidergroesse von Karin tragen - es grenzt dennoch an das Vorstellungsvermoegen unserer westlichen Groessenordnungen. Ob in der Stadt in einer der Roehrenbauten oder auf dem Land in einer Bambushuette. Es leben bis zu 8 Generationen in einem Haus. Unmoeglich? Nein. Unglaublich? Ja. Aber wahr. Und zwar leben die Grosseltern, deren Kinder sowie Enkelkinder in ein und dem selben Haus bzw. Raum. Sie teilen alles. Kueche oder Feuerstelle. Happyroom (wie das stille Oertchen in Vietnam genannt wird), falls es eines hat. Was jedoch hoechstens den Reichen vorbehalten ist. Die anderen teilen die Toilette mit rund 50 Nachbarn oder gehen ab in die Buesche. Die einzelnen Familienkammern (fuer eine Generation) werden "diskret" von einander durch ein Tuch abgegrenzt. Der schoenste Platz im Raum gehoert jedoch den Ahnen. An zentraler Stelle gibt es einen Hausaltar. Hier werden die Ahnen der letzten fuenf Generationen geehrt. Es werden Raeucherstaebchn angezuendet, Festmahle geboten oder in juengster Zeit auch Gaben in Form von Miniautos oder TV-Attrappen dargelegt. So bleiben die Verstorbenen bzw. deren Geister in der Familie.


Nachbarshilfe
Wir wandern gemaechlich ueber die schoenen, hochgelegenen Reisterassen in der Umgebung von Sapa. Begleitet von Huong. Die Stille wird nur ab und zu durch ein Vogelgeztischer unterbrochen. Wie schoen das Leben doch ist. Doch wie schnell kann auch die Schoenheit der Natur in den Hintergrund treten.
Ein Mann sitzt am Wegrand. Den Kopf hat er in die Haende gestuetzt. Seine Augen sind traurig und sein Blick ist gedankenverloren auf den vor ihn auf dem Weg liegenden Buffalo gerichtet. Der Buffalo ist tot. Seine Einnahmequelle versiegt. Seine Altersversicherung hinfaellig. Seine Zukunft ruiniert. Sein Haustier gestorben. Neben dem Reisbauer aus der Umgebung sitzen seine zwei kleinen Soehne am Boden. Sie nehmen still und leise Anteil am Leid ihres Vaters. Ohne dass sie sich deren Bedeutung bewusst sind. Denn mit dem ploetzlichen Tod des Buffalos - er scheint ueber die Reisterasse gestuerzt zu sein und sich dabei toedlich verletzt zu haben - ist nun auch die Absicherung ihrer Zukunft betroffen. Unser Guide Huong sucht troestende Worte fuer den vom Unglueck heimgesuchten Bauern und streicht ihm liebevoll ueber die Schultern. Es war sein einzigstes Tier. Es hat ihn Tausend Dollar gekostet und er hat dazu jahrelang gespart. Er war gross und stark. Tausend Dollar ist ein Vermoegen, das unvorstellbar ist. Mehr als ein Einkommen aus zwei Jahren. Er wird sich so rasch nicht mehr eine "Pflugunterstuetzung" leisten koennen und somit ist auch seine Reisernte unsicher.

Wir sind betroffen. Von ueberall her kommen nun Menschen heran. Eine Nachbarsfrau hat alle Bewohner aus der naeheren und weiteren Umgebung informiert. Sie laeuft hastig von Weiler zu Weiler und informiert so die Menschen ueber das Unglueck. Der Postbote. Das vietnamesiche Radio. Oder das Telefon. Die Dorfgemeinschaft hilft sich in solchen Situationen. Sie teilen wahrhaftig Freud und Leid. So werden die Maenner den toten Buffalo ins Dorf tragen und versuchen, dort das Tier einem lokalen Metzger zu einem bestmoeglichen Preis zu verkaufen. Es wird ein Bruchteil dessen sein, was das Tier urspruenglich gekostet hat. Es wird jenseits sein dessen, was es fuer den Bauern und seine Familie wert war.

Doch bereits hat ihm ein Sippenfreund zugesichert: Er wird ihm eines seiner "Jungtiere" fuer den Preis, den er aus dem Verkauf seines toten Tieres erwirtschaftet, verkaufen. Zwar einen viel kleinerer Buffalo - aber er hat so wenigstens wieder eine unenbehrliche Unterstuetzung auf dem Feld und eine Zukunftsperspektive fuer sich, seine Frau und seine zwei Buben.

Mittwoch, 11. November 2009

Just Happy


Es rattert und knattert. Wir sitzen respektive liegen im Victoria Express, dem Nachtzug Richtung Norden. Wir verlassen die Haupstadt am Roten Fluss und fahren nach Sapa. Das kleine Staedtchen liegt im noerdlichen Bergland. Das St. Moritz in Vietnam, wie es scheint. Umgeben von hohen Bergen liegt das schmucke, etwas touristische Dorf an einem Bergsee mit Promenade.

Das Herz der Stadt schlaegt am Markt. Hierhin kommen taeglich die Angehoerigen der ethnischen Minderheiten, welche in der Umgebung wohnen: Schwarze Hmong und Rote Dao. Jeder Besucher wird mit ihnen in Kontakt kommen verspricht uns ein Reisefuehrer. So auch wir. Besonders die Hmong-Frauen sind ueberaus eifrige Haendlerinnen, kontaktfreudige Erzaehlerinnen. Immer wieder sieht man Touristen, die von einer ganzen Traube Haendlerinnen umgeben sind - und immer wieder schallt Gelaechter aus der Grupper herueber: ein optimistisches, herzhaftes Lachen, das ansteckt und die kulturellen Grenzen ueberwindet.

Haribo macht Kinder froh...
... in der Schweiz und anderswo. Das als Geschenk erhaltene und mitgenommene versuessende Reiseuntensil, 500 gr. Haribo, nehmen wir auf unser Trekking durch die hueglige Landschaftsarchitekur der Reisterassen mit. Wir machen eine Wanderung mit Huong, unserem sympathischen Bergler-Guide. Huong hat uns gesagt, dass die Hmong-Kinder fast nie zu Suessigkeiten kommen und wir ihnen damit eine grosse Freude bereiten koennten. Auf dem Weg besuchen wir eine Schule. Es ist soeben Mittagspause und die Kinder essen Reis, das ihnen durch Unicef wie auch das Schulmaterial gespendet wird. Zum Dessert "trommelt" Huong mit einem Schuetteln der Haribo-Box die Kinder zusammen. Es ist wirklich eindruecklich. Die Kinderaugen strahlen die suessen, farbenfrohen Teddys an. Die Verteilung erfolgt sehr ruhig und geordnet. Kein Vordraengen. Kein Geschrei. Ruhig und fast einwenig andaechtig nehmen die Maedchen und Knaben ihre zwei, drei Baeren entgegen. Eines lassen sie genussvoll auf der Zunge vergehen. Die anderen bringen sie in ihren Haenden nachhause. Als Bettmuempeli? Fuer die kleine Schwester? Oder als geheimer, suesser "Notproviant" in die Schatztruhe?
Unsere Frage, ob denn die Kinder auch ihre Zaehne putzen und wir mit diesen suessen Gummidingern nicht Schaden anrichten meint Huong: Die Kinder sind happy. Das ist doch das Wichtigste.

Happy Water
Auf unserem Ausflug vorbei am hoechsten Berg von Vietnam, dem Fan Si Pan (3124m), besuchen wir Doerfer, die etwas weniger touristisch sind als die Nahe Umgebung von Sapa. Wir ziehen zufaelligerweise durch ein Dorf, in welchem Hochzeit gefeiert wird. Ein 17jaehriges Hmong Maedchen heiratet den im selben Dorf lebenden Juengling Hei. Die Wahl hat der Vater der Braut getroffen. Wir werden als Gaeste herbeigerufen. Wir sind Ehrengaeste aus der Fremde, welche dem Brautpaar Glueck bringen. Die Hochzeitsgesellschaft sitzt zu Tisch im Freien. Es gibt Maennertische. Frauentische. Im Haus sitzen die Dorfaeltesten auf Kissen am Boden. Als Respekt vor dem Alter duerfen sie die Schattenplaetze im Innenreich haben. In jeder Hand eine Reisschale. In der anderen Hand eine kleines Gefaess mit einer durchsichtigen Fluessigkeit. "You Happywater!" Und schon strecken uns meherer Haende ein Glaeschen entgegen. Wir tun es unseren Gastgebern gleich und trinken die gebrannte Fluessigkeit in einem Schluck leer. Reiswein. Er soll lustig machen. Kaefer toeten. Gut tun. Kurz: Gemeinsames Reiswein-Trinken gehoert zur Tradition. Und macht happy!

Donnerstag, 5. November 2009

Besuch bei der Drachenfamilie


Es war einmal...
Nach zwei Tagen in Hanoi, dem aufsteigenden Drachen, packen wir unsere sieben Sachen und fahren nach Ha Long - zur beruehmten Bucht mit ihren 2000 fantastisch geformten, steil aus dem Wasser ragenden Inseln und Inselchen. Die Legende berichtet, dass sich hier eine Drachenfamilie niedergelassen hat (Ha Long bedeutet absteigender Drache): Kurz nach Besiedlung des Landes durch die Vietnamesen kamen Invasoren von Norden. Der Himmel schickte den Bedraengten eine Drachenmutter und ihre Kinder zur Hilfe. Auf die Angreiffer herabstossend, spuckten die Drachen einen Regen von Edelsteinen und Perlen aus, die sich in Tausende von Inseln verwandelten und die Schiffe der Invasoren einsperrten. Nach dem Sieg verliebten sich die Drachen in die von ihnen geschaffene Bucht und kehrten nicht mehr in den Himmel zurueck, sondern bauten hier ihr Nest.




Auch wir haben uns wie einst die Drachen ein schoenes "Nest" ausgesucht: Wir naechtigen in der




Dschunke "Ginger" und tauchen mit ihr in die mysthische Maerchenlandschaft ein. Wir gleiten majestetisch und sanft durch die "ausgespuckten Edelsteine" und lassen uns dabei verwoehnen. Unglaublich. Marmorbadezimmer, ein Bett aus edlem Mahagoniholz und mit seidenbestickter Bettwaesche sowie hervorragendes Essen. Es ist wirklich wie im Maerchen: das Candlelight Dinner bei romantischer Vollmondnacht ist nur eines der Highlights von Stefan und "seiner Prinzessin" auf der "Ginger".









Ein freundliches "tam biet" (Auf Wiedersehen), ein scheues Laecheln und das Maerchen hat ein Ende. Wir gehen zurueck in den Rachen des "aufsteigenden Drachens" - auch das hat seinen Reiz. Nach zwei Tagen Idylle in der Ha Long Bucht fehlen uns die hupenden Mopeds fast ein wenig.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch gluecklich und zufrieden.

Und das tun wir. Und wie. Wir fuehlen uns in Vietnam sehr wohl und schon fast zuhause. Karin meint die Hunderten von Strassen und Winkeln in der Alstadt bereits bestens zu kennen (was sich jedoch bei der Suche nach einem bestimmten Cafe als Irrtum herausstellte) und Stefan hat sich bei einem "domestic barber" rasieren lassen. Dabei hat er den "barber" mit seinem fuer Asiaten ungewohnt starken Bartwuchs auf eine harte Geduldsprobe gestellt und ihm gleichzeitig fuenf Rassierklingen zunichte gemacht. "Das gab es hier noch nie" - in der Stadt, in der alles gibt. Tausendfach.





Mittwoch, 4. November 2009

Good Morning Vietnam


Wir erwachen in Ha Noi, der Hauptstadt von Vietnam. Nach einem langen Schlaf in einem kleinen, huebschen Hotel in der City. Das Zimmer ist modern eingerichtet und verfuegt ueber jeglichen erdenklichen "Luxus": von Ohrstaebchen, ueber Badehaube bis hin zu einem weissen Bademantel inklusive Finkli. Doch kein Fenster. Wir sind in einem fuer Vietnam typischen Roehrenbau einquartiert. Die ca. 3 Meter breiten und ca. 50 Meter tiefen Gebaeude bohren sich von der Fassade an der Strasse wie ein Rohr in das Dickicht von Hinterhoefen hinein. Somit ist das Tageslicht auf die Zimmer gegen die Hauptstrasse hin beschraenkt. Doch wir stellen schnell fest: dies hat auch seine Vorteile. Auch der Laerm haelt sich so vom hinteren Bereich des Roehrenhauses fern.

Mopeds hupen um die Wette ...

Dies aendert sich jedoch schnell. Ein erster Schritt aus dem Hotel und wir sind inmitten des "aufsteigenden Drachens". "Than Long", wie die Stadt am Roten Fluss urspruenglich hiess, beschreibt das hochkommende Gefuehl treffend. Der vietnamesische Wirtschaftsboom ist hier allgegenwaertig. Taeglich draengeln sich mehr Mopeds in den engen Altstadtgassen und auf den baumgesaeumten Boulevards, die von den franzoesischen Kolonialherren angelegt wurden, gleiten mehr und mehr Luxuskarossen dahin und tausende von Shopbesitzern und Strassenhaendlern bieten ihre Waren an. Reissverschluesse in allen erdenklichen Farben haengen von den Decken, tausende von rosaroten und himmelblauen Teddybaeren lachen uns an und der Duft von Nudelsuppe macht das Flanieren durch die Gassen zu einem Erlebnis, das alle Sinne anspricht. Augen, Ohren und Nase.

Doch obwohl sich in diesem Ballungszentrum mehrere Millionen Menschen zusammen draengen, wirkt das Zentrum von Ha Noi uebersichtlich und laesst durchaus seinen Charme spielen: Ob im Gewusel der Altstadtgassen oder am friedlichen Ufer des Hoan Kiem-Sees, wo sich Duzende von frischvermaehlten Hochzeitspaaren taeglich kuessend von einem Kamerateam verewigen lassen - Ruhe und Bewegung, Chaos und Kontrolle, modernes Lifestyle und seit Generationen ueberlieferte Traditionen ergaenzen sich. Und diese Gegensaetze sind ein Magnet und ziehen auch uns in den Bann. Wir sind mitten drin: im pulsierenden Koerper des aufsteigenden Drachens.